Nicht in die Fresse. Die erste deutsche „Wired“
19. September 2011
Was ist eigentlich aus dem Ausdruck „Mitten in die Fresse“ geworden? Die erste deutsche Ausgabe der Zeitschrift „Wired“ sei „deutsch ‚in your face'“ hat Chefredakteur Thomas Knüwer stattdessen in einem Interview mit „Horizont“ gesagt. Ein widersprüchlicheres Bonmot hat man lange nicht mehr gelesen. Weiterlesen …
erschienen in epd medien 37/2011
Medienfundstück „Donald“ – Eine Männerzeitschrift mit Comics
20. August 2011
(Update: Die Zeit kann einen manchmal auf merkwürdige Weise einholen. Als ich dieses Magazin vor sechs Wochen in den Niederlanden entdeckte, kannte es die deutsche Öffentlichkeit zum großen Teil noch nicht. Ein Freund wies mich nach diesem Blogpost darauf hin, dass eine erste Ausgabe inzwischen in Deutschland erschienen ist. So zeigt sich, was es bedeuten kann, mit dem Bloggen zu lange zu warten. Insofern ist die Frage am Ende dieses Postings nicht hinfällig, sondern zutiefst aktuell geworden.)
Wenn ich im Ausland bin, verbringe ich gerne ein wenig Zeit damit, die örtlichen Zeitschriftenregale durchzuschauen und zu entdecken, welche ungewöhnlichen Zeitschriften andere Länder eventuell zu bieten haben. Und tatsächlich: manchmal ist ein echtes Fundstück dabei, zum Beispiel die Zeitschrift „Donald“ aus den Niederlanden.
Hier ein Bild davon, wie skeptisch ich zunächst war, als ich zum ersten Mal dieses „Männermagazin für große Jungs“ (Untertitel) in die Hand nahm.
Denn „Donald“ ist tatsächlich eine sehr merkwürdige Mischung – ein Spinoff von „Donald Duck“, dem holländischen Äquivalent des deutschen „Micky Maus Magazins“. Es verbindet die üblichen Disney-Comicgeschichten, die ja in Europa einen wesentlich höheren Beliebtheitsgrad haben als in ihrem „Geburtsland“ USA, mit den Themen einer zahmen Männerzeitschrift: Frauen (ohne Erotik), Gadgets, Mode, Interviews, Fotostrecken.
Da Comics („Strips“) in den Benelux-Ländern immer schon auch bei Erwachsenen beliebt waren und „Donald Duck“ in den Niederlanden einen Kultstatus sondergleichen besitzt, scheint die Kombination aufzugehen. Das Hochglanzheft erscheint viermal jährlich, jedes Mal mit einem anderen Leitthema, um das sich alle Artikel drehen. Das aktuelle Heft hatte „Holland“ zum Thema und untersuchte nationale Identität und niederländische Erfolgsgeschichten – und das ziemlich gründlich und unterhaltsam. Der Schreibstil ist relativ salopp und das Budget des Hefts scheint nicht gigantisch zu sein, aber das Ergebnis macht Spaß – auch wenn es etwas gewöhnungsbedürftig ist, dass jede Geschichte an irgendeiner Stelle einen kleinen Donald-Dreh bekommt. So führt etwa „Donald“ einige Interviews und alle Prominenten werden nach ihrer Donald-Historie gefragt.
Wer die Zielgruppe wirklich ist, ist mir nicht ganz klar geworden. Vorstellen könnte ich mir, dass sowohl „kindgebliebene“ Erwachsene mit einem Hang zu Disney (ähem, wie ich) als auch Teenager, denen das reine Comicheft „Donald Duck“ nicht mehr cool genug ist, das Blatt kaufen. Vermutlich ist die letztere Gruppe größer, was auch den etwas flapsigen Stil und den Untertitel des Hefts („für große Jungs“) erklären dürfte. Die Selbstbeschreibung auf der Website, „Donald ist ein Hochglanzmagazin für Männer, randvoll mit Comics, Interviews und Reportagen“ spricht hingegen deutlicher die erste Gruppe an.
In jedem Fall ist die Gesamtqualität des Heftes deutlich höher und eleganter als beispielsweise die des 1998 eingestellten deutschen „große Jungs“-Comicmagazins Limit, das ich damals eine Weile gelesen habe.
Was meinen die Leser dieses Blogposts? Würde ein Konzept wie „Donald“ auch in Deutschland funktionieren?
Medienbilder. Werkschau von Jos Collignon in Amsterdam
5. August 2011
Ein Bild sagt nicht nur, wie in vielen Sprichwörterlexika verzeichnet, mehr als tausend Worte. Es überschreitet auch Landesgrenzen. Ein Vorteil für Karikaturisten wie den Niederländer Jos Collignon. Seit 1980 spießt er das aktuelle Geschehen zeichnerisch für die holländische Tageszeitung „De Volkskrant“ auf, seit 1992 als Hauszeichner. Zuvor hatte er bereits für die Schwesterzeitung „NRC Handelsblad“ gearbeitet. Weiterlesen …
erschienen in epd medien 31/2011
Von der Seitenlinie
19. Juni 2011
Am 16. August beginne ich eine neue Arbeitsstelle. Ich werde (fester freier) Redakteur in der Filmredaktion eines Fernsehsenders. Ich bin mit der Stadt vertraut, in der ich arbeiten werde, ich liebe Filme und ich kenne das Team der Redaktion von einer früheren Begegnung – ich freue mich sehr auf diesen Job.
Und doch war das Ganze ursprünglich nicht ganz so geplant.
Im Herbst 2009 arbeitete ich in Frankfurt im Redaktionsteam von epd medien mit einem Vertrag, der zum Ende des Jahres auslief. Ich hatte gerade ein knappes Jahr damit verbracht, fast jeden Tag darüber zu berichten, wie miserabel es um die Printmedien in der Bundesrepublik steht und mir war klar, dass mein nächster Job nur online stattfinden konnte.
Meine Bewerbungen bei diversen Onlineredaktionen, große und kleine, wurden alle abgelehnt. Einmal bekam ich die Begründung geliefert, ich habe zu wenig Online-Erfahrung. Ich habe 1996 meine erste eigene Website online gehabt, blogge seit 2003 und hatte mich zu diesem Zeitpunkt fast ein Jahr intensiv mit Onlinemedien beschäftigt. Zudem war ich bei einer Nachrichtenagentur beschäftigt, einem Medium, dass es gewohnt ist, seine Geschichten mehrmals täglich zu aktualisieren. Die reine Tatsache, dass ich noch nie hauptberuflich für ein primär online erscheinendes Medium gearbeitet hatte, reichte anscheinend aus, um mir mangelnde Online-Erfahrung zu attestieren.
Der Deutsche Evangelische Kirchentag, der es sich zum Prinzip gemacht hat, Menschen außerhalb ihrer Komfortzone einzustellen, gab mir die Chance, die andere mir verwehren wollten. Seit Anfang 2010 bin ich dort alleine verantwortlich für den Inhalt der kompletten Website. Ich habe eine blühende Facebook-Seite und einen funktionierenden Twitterkanal aufgebaut und im Juni die (relativ konservative) Berichterstattung einer vierzigköpfigen Onlineredaktion geleitet. Natürlich habe ich beim Kirchentag keinen Journalismus gemacht. Aber ich habe mehr Online-Erfahrung gesammelt, als mir wohl jemals in einer deutschen Onlineredaktion zugetraut worden wäre.
Da immer klar war, dass der Kirchentag nur ein Projekt sein würde, hatte ich mir ursprünglich mal überlegt, danach irgendwie an die vorderste Front des Onlinejournalismus in Deutschland zu wechseln. Mittendrin zu sein in diesem Mahlstrom des Medienwechsels, der sich gerade vollzieht; mit anderen gemeinsam Geschichte zu schreiben, während die Neuen Medien endlich ihre volle Reife erlangen.
Das werde ich jetzt nicht tun und ich bin eigentlich froh darüber. So spannend ich all das finde, was derzeit in der Medienlandschaft passiert, so nervenaufreibend finde ich es doch, die immer gleichen Debatten zwischen verstockten Apologeten und arroganten Avantgardisten lesen und hören zu müssen. Ständig zu sehen, wie große Medienhäuser ebenso große Töne spucken und selbst das Gegenteil ihrer Reden umsetzen. Zu beobachten, wie Journalisten immer schlechter bezahlt werden, während gleichzeitig von ihnen verlangt wird, immer mehr Inhalte zu generieren, bei deren Anblick das Wort „Qualitätsjournalismus“ regelmäßig in hohl widerhallendes Gelächter ausbricht.
Filme haben nach wie vor eine, um den aktuellen Bildersturm von Jeff Jarvis aufzugreifen, recht orthodoxe Form. Und auch ihre Präsentation im Fernsehen folgt dieser Form, was sollte sie auch sonst tun. Dass ich mich auch im Filmbereich für Technologien wie Stereoskopie interessiere, die die althergebrachten Formen „stören“, ist sicherlich kein Zufall. Aber wenigstens muss ich nicht mehr mittendrin stecken, wenn wieder mal jemand schreibt oder sagt, das Internet wäre oder mache dumm, Google sei der Teufel oder mein Video sei nicht viral genug.
Ich beschäftige mich lieber mit etwas, was ich liebe: mit Filmen. Übrigens auch weiterhin an dieser Stelle. Währenddessen beobachte ich den Medienwechsel von der Seitenlinie und lasse sich die Ewiggestrigen und die Ewigmorgigen auf dem Spielfeld die Köpfe einschlagen. So bleibt mein eigener Kopf heil – und vielleicht kann ich dann eines Tages zurück aufs Spielfeld kommen, ein paar Wunden versorgen, und mir von den erschöpften Mannschaften, die beide verloren haben, zeigen lassen, wo ich helfen kann, den kaputten Rasen zu flicken (Nebenbei werden sie mir wahrscheinlich beibringen, Metaphern nicht überzustrapazieren).
Auf die Zukunft!
Stuff I learned this week – #4/11
30. Januar 2011
- Roger Ebert thinks he has proof that 3D is dead.
- Kristin Thompson is somewhat more analytic about it.
- It’s time to watch out for holography.
- Julian Assange is indeed a paranoid creep.
- Kevin Smith, on the other hand, is a rascal.
- I will keep up to date about The Hobbit by watching „Hobbit in 5“.
- Vivek Wadhwa doesn’t buy the Quora Hype.
- The time has come to fight the Foot.
- Lukas Heinser hat kluge Gedanken über Gott.
- Die Ted Williams Story ist noch nicht zuende.
- Nilz N Burger hat einen schönen persönlichen Nachruf auf Bernd Eichinger verfasst.
- Es ist treffend, Hubert Burda als Keeper of the Flame zu bezeichnen.
- Katrin Schuster schreibt – wie immer treffend – über Lager.
Stuff I learned this week – #50/10
19. Dezember 2010
- The Films of 2010 allow for great montages.
- A small step out of the digital world can mean a lot.
- End-of-year-marketing has a special place in Chris Thilk’s heart.
- 1931 soothsayers got some things right.
- There is some great unproduced screenplays out there.
- David Bordwell loves the „Hollywood Reporter“ archives.
- Clay Shirky believes 2011 will bring about changes for the syndication model.
- There is media attention hope for specialized bloggers (like me).
- 2010 was another interesting year for ideas.
- Thomas Knüwer sieht in den Verfechtern des Leistungsschutzrechts die neuen Ruhrbarone.
Stuff I learned this week – #45/10
14. November 2010
Tagline: This time, it’s bilingual!
- Time notes that a lot of nifty things have been invented this year.
- The Magic Kingdom will be directed by Jon Favreau.
- Clay Shirky sees „The Shock of Inclusion“ as one of the things that holds back media’s progress.
- Chris Suellentrop opts for rentership over ownership.
- Lyn Gardner explains how Twitter is useful for critics.
- This is how Michael Caine speaks.
- Kids these days know very well what they are doing on Facebook.
- E.T.’s space ship was tiny.
- R2D2’s timeless design works even on bathing suits.
- Der SWR stellt ein crossmediales Dystopie-Projekt auf die Beine.
- Sixts Castor-Kampagne ist zwar respektlos, aber nicht mehr zeitgemäß.
- Marcel Weiss nimmt Mathias Döpfner sachlich und sauber auseinander.
Noch da? Joaquin Phoenix und Casey Affleck narren die Medien
29. September 2010
Manche witterten damals schon den beißenden Geruch von Satire, für andere war es nur ein weiterer Beweis dafür, dass alle erfolgsverwöhnten Hollywoodstars irgendwann hohl drehen: Im Oktober 2008 verkündete Schauspieler Joaquin Phoenix der sichtlich überraschten kalifornischen Presse, dass er seine bisherige Karriere an den Nagel hängen würde, um Rapper zu werden. Wer entsetzt nach einer versteckten Kamera Ausschau hielt, wurde mit einer offenen belohnt: Phoenix' Schauspielerfreund und Schwager Casey Affleck legte im Januar 2009 mit der Meldung nach, er selbst werde den Werdegang des mittlerweile vollbärtigen Ausbrechers dokumentarisch verfolgen. Weiterlesen …
Erschienen in epd medien 75/2010
Are Magazines Dead or Do They Just Smell Funny?
10. August 2010
It’s not every day that you get challenged by Jeff Jarvis. Very well then, I accept. However, I’m not sure that I’ll win. There is more of an olympic spirit posesssing me right now.
A bit of background: Jeff took three tweets (1, 2, 3) to attack a Newsweek article that basically says that the amount of people using the internet to do meaningful interactive things in their free time (Blogging, Wikipedia, News Commenting etc.) is shrinking and gives the reason simply as „sloth“. While I certainly wasn’t fully convinced by the article I think it did make some points that I think might be true, and that scared me.
Like Jeff, I have always been adamant that people love doing things for free and can be just as good as professionals. However, I could imagine with (a) the web becoming more and more mainstream and part of our lives and more and more people using it that don’t want to contribute to it and (b) the web growing larger and larger, becoming ever more differentiated – that the actual amount of peopleactive at any one site goes down.
However, that was not the challenge. The challenge was to convince Jeff that magazines are not dead. Well, I don’t think they are, at least not for a while. While I am a supporter of a lot of the Buzzmachine theories, especially the one that the future of Journalism lies in ecosystems and not monoliths, I just don’t want to go along with the one that in essence says that journalists should stop presenting finished articles to audiences – which is what magazines do.
While I would say that written articles should be open to debate, change, admittance of mistakes and dialogue between author and audience in the wake of their publication, I also believe there should be the right to say „I like this article I have written as it is; I will gladly correct factual errors or supplement interesting addendums but I don’t want to crowdsource the whole thing until it is no longer mine but the crowd’s“. I don’t think that this is arrogance, it is artistic freedom.
But journalism is not art, you say. Indeed, most of it isn’t. I worked in a news agency for a year and I found it fascinating how we produced truly mutable articles that might begin with a quick announcement at the start of the day and end up as a summary with a completely different focus at the end of it. Then, the newspaper journalists would go and change and mold it once again for publication. A kind of b2b-crowdsourcing, if you will. I gladly accept that this process should continue down to a level of mutabilty that is indeed not restricted to journalists but open to everyone. That’s why I think Newspapers are definitely dead. The kind of articles they present us with were made to be changed all the time.
However, magazine articles and indeed a magazine as a whole, are different. They are much closer to an artistic statement than news are. A good magazine’s contents are carefully curated, designed and sometimes even timeless. The articles are long statements about „big pictures“.
I, for one, like being presented with a magazine like this as a finished – or at least mostly finished (see above, factual errors) – product, whose life cycle is a bit slower than that of an online news article. It means that I can also take the time to enjoy it because I know it won’t change for a while and the authors like their articles as artistic statements that might be refuted (or refudiated) and should please spawn debates – but for now they should stand as they are.
And because I think that a lot of people would agree, I believe that magazines are not dead yet.
I do agree that magazines have to change, shouldn’t rely on print, shouldn’t rely on advertising, build a community around their brand etc., but I still can believe that a particular form of curated, bundled journalistic content with a longevity that makes it closer to art/literature than commodity, will persist.
Worte zur Wochenmitte
19. Mai 2010
Journalismus ist keine exklusive Profession mehr. Journalismus ist zu einer Aktivität geworden, die nur noch von einer Minderheit professionell ausgeübt wird. Ob ein Journalist professionell ist, bemisst sich nicht mehr daran, ob er mit seiner Arbeit Geld verdient, sondern allein daran, ob er professionelle Standards einhält, etwa in der Sorgfalt und Fairness seiner Recherche und der Qualität seiner Sprache.
Wolfgang Blau , sueddeutsche.de
// Es geht erstaunlich gut