Met the Bloggers (III)
14. Februar 2014
Rein zahlenmäßig waren wir wohl insgesamt weniger Menschen auf dem diesjährigen Filmbloggertreffen auf der Berlinale. Positiv und vernetzend war es aber allemal. Nicht zuletzt weil sich ein Kollege von MUBI Deutschland dazugesellt hatte, der explizit mit Bloggern Kontakt aufnehmen wollte und auf jede Menge Gegenliebe stieß. Auch zwei internationale Gäste waren anwesend, Marian Williams aus Österreich und Vince Mancini von „FilmDrunk“, der auch ein paar interessante Beobachtungen über die US-Filmblogosphäre teilte. Für ihre Social Media Recherche setzte sich außerdem Katja von Time CodeMedia zu uns an den Tisch.
Danke an Patrick und Björn von „Kontroversum“, Bernd von „Ansichtssache“, Joachim von „Kino-Zeit.de“, Doreen von „Fang den Film“ und Jan von „CineCouch„, dass sie sich Zeit genommen haben. Extra-Dankeschön an Gerold von „DigitaleLeinwand“, der mich außerdem an meinem Berlinale-Wochenende beherbergt hat. Das ist wahre Blogger-Solidarität.
Movie Genome Project: Assoziationen zu The Grand Budapest Hotel
10. Februar 2014
Wes Andersons Neuer, The Grand Budapest Hotel, der Eröffnungsfilm der diesjährigen Berlinale, ist großartig. Ein 100-minütige Achterbahnfahrt von einem Film – spannend, komisch, absurd und überschäumend vor Ideen. Dieser Ideenreichtum, die Detailverliebtheit und die immense Einbeziehung von (pop-)kulturellen Bezügen war schon immer eine Stärke von Wes Anderson und in seinem zweiten nicht in der Gegenwart angesiedelten Film (nach Moonrise Kingdom), der zum größten Teil in einer Wolkenkuckucks-Version von Mittel-Osteuropa in den 30ern spielt, kommt sie voll zur Geltung.
Neben den Werken von Stefan Zweig, die Anderson als Inspiration in den Credits des Films klar benennt – und anderen Werken von Hannah Arendt und Irène Nemirovsky, denen er in Interviews Tribut gezollt hat, trägt The Grand Budapest Hotel eine Legion von Einflüssen in seiner DNA mit sich herum. In diesem Posting möchte ich versuchen, möglichst viele von ihnen aus meiner eigenen Wahrnehmung und der anderer Kritiker zu sammeln (denn kaum eine Kritik des Films kommt ohne einen Hinweis auf eine Referenz aus, welche die Kritikerin zu erkennen geglaubt hat) und so eine Art „Genom“ des Films generieren.
Grand Hotel (1932)
Ein großer MGM-Klassiker über die Begegnungen der Reichen und nicht ganz so Reichen in einem europäischen Hotelpalast der Zeit, deutscher Titel: Menschen im Hotel. Neben dem Titel, dem Setting und dem Entstehungsjahr, was auch das Handlungsjahr von Andersons Film ist, ist auch Grand Hotel – ähnlich wie sein Budapester Cousin – eine veritable Star-Parade mit John und Lionel Barrymore, Joan Crawford, Wallace Beery, Jean Hersholt und vielleicht der definitiven Performance von Greta Garbo („I vant to be alone …“).
Lubitsch, Ernst
Viele Kritiker erwähnen den Bezug zu den perfekt durchgetakteten Komödien des Berliner Regisseurs, nicht zuletzt The Shop around the Corner, der in Budapest spielt, und To Be or Not to Be, in dem ebenfalls Nazis düpiert werden.
„Der Zauberberg“ (Thomas Mann, 1924)
„Man denkt fast unwillkürlich an Thomas Manns Zauberberg, wenn sich – lange nach Schließung des Hotels – ein Schriftsteller (Tom Wilkinson) an ein abendliches Gespräch mit dem ehemaligem Inhaber Zéro (F. Murray Abraham) erinnert (den jüngeren Autor spielt Jude Law), welcher wiederum von seinem jüngeren Ich und den abenteuerlichen Jahren kurz vor Kriegsbeginn erzählt.“ (Nino Klingler auf „critic.de“)
Chapman, Graham
Joseph Fiennes‘ Charakter M. Gustave parliert in perfektem „Candy Ass“ English mit höchstem Etikette-Grad und rezitiert mit Vorliebe romantische Poesie – außer wenn er sich ärgert und nebenbei diverse F-, S- und sonstige Bomben in seine Repliken einflicht. Es fällt schwer hier kein Echo der Monty-Python-Charaktere von Graham Chapman zu sehen, in denen auch häufig englische Stiff-upper-Lip-Noblesse auf krachende Gewalt und Pöbelei traf.
Inglourious Basterds (2009)
Wie Anderson drehte auch Quentin Tarantino sein Alternativ-Historien-Magnum Opus zu großen Teilen in Deutschland und rekrutierte für die Nebenrollen einige deutsche Schauspieler. The Grand Budapest Hotel enthält deswegen auf gleiche Weise zahlreiche Blinzle-und-du-verpasst-sie-Auftritte von deutschen Mimen. War das eben wirklich Florian Lukas? (auch Tim Lindemann stellt den Bezug her)
Charade (1963) und andere Euro-Thriller der 60er
The Grand Budapest Hotel spielt in dem kleinen europäischen Land Zubrowka. Dessen Einwohner sprechen britisches oder amerikanisches Englisch, deutsch oder Französisch, ohne jede Erklärung dahinter außer der Herkunft des jeweiligen Schauspielers. Auch die Namen von Orten und Figuren sind eine wahllose Mischung aus den drei großen westeuropäischen Sprachen. Spontan musste ich an die opulenten US-europäischen Koproduktionen der Post-Studio-Ära denken, in denen sich Schauspieler aus den verschiedenen Filmnationen auf ähnliche Art die Klinke in die Hand gaben und einander jederzeit perfekt verstanden. (Justin Chang erwähnt in „Variety“ ebenfalls die „transcontinental intrigue of ‚Murder on the Orient Express‘ and ‚The Lady Vanishes‘ und den „deliberate Europudding effect“ der Akzente).
Zeman, Karel
Der tschechische Filmemacher, eine Art osteuropäischer Ray Harryhausen, realisierte in den 50er und 60er Jahren eine Reihe von fantastischen Filmen, in denen er Realaufnahmen von Schauspielern mit deutlich als handgemacht zu identifizierendem Trickmaterial für Sets und Hintergründe kombinierte. Besonders in der Eröffnungs-Tricksequenz von TGPH scheint Zemans Geist über der Szenerie zu schweben.
Warner Bros. Horrorfilme der 30er
Die gesamte Gang der „Desgoffes und Taxis“, von Tilda Swintons schnell versterbender Matriarchin bis zu Willem Dafoes kaltblütigem Katzenkiller, könnten im Grunde direkt einem James-Whale-Film entstiegen sein, besonders was ihre Frisuren angeht.
Freud, Sigmund
Jeff Goldblums Bart. (aus dem Presseheft)
Bond, James
Ausgemacht von Dirk Knipphals in der „taz“. Vielleicht hat ihn die Ski-Verfolgungsjagd an On Her Majesty’s Secret Service (1967) erinnert. Obwohl Karl Gaulhofer darin eher ein Zitat von Vertigo (1958) erkennt.
Tystnaden (1963), The Sound of Music (1965) und The Shining (1980)
Jeder sieht, was er sehen möchte. Tim Lindemann erkennt in der Idee vom verlassenen Hotel Gemeinsamkeiten mit Ingmar Bergmans Film. Tim Robey vom „Telegraph“ erkennt die Referenz an Kubrick vor allem in einer Fellatioszene und ich musste – vor allem wegen der Zuckergussenen Farben doch an das Musical denken, in dem auch ein großes, schickes Haus in den Bergen plötzlich von Nazis besetzt und zum Offizierskasino umfunktioniert wird – mit Fahnen und allem.
Weitere DNA-Stränge gerne in die Kommentare!
Danke an Björn für den Namen „Movie Genome Project“ und an den Kritikerspiegel von „film-zeit.de“.
Met the Bloggers
16. Februar 2013
Es war ein ganz ulkiges Bild: In der Mitte des ersten Stockwerks vom „Mommsen-Eck“ am Potsdamer Platz saßen die „richtigen“ Filmkritiker beim alljährlichen Treffen der „epd film“-Autoren, an dem ich in der Vergangenheit auch schon teilgenommen habe. Ein paar Meter weiter vorne saßen die Blogger an ihrem Tisch. Eingekeilt zwar, zwischen Treppenhaus und Tür zur Männertoilette, aber der Weg führte unweigerlich an ihnen vorbei.
Ich war froh, dass ich zu einem Zeitpunkt, als auf meine Twitvite gerade sechs Zusagen generiert hatte, trotzdem sicherheitshalber einen Tisch für 15 Personen reserviert hatte. Denn der Platz wurde gebraucht. In dem grässlichen Bewusstsein, mit Sicherheit jemanden zu vergessen, kann ich vermelden, dass neben mir und Cutterina außerdem Doreen Butze, Rochus Wolff, Bernd Zywietz, Martin Gobbin, Gerold Marks, Thilo Röscheisen, Frédéric Jaeger, Dennis Vetter und Simon Born, Joachim Kurz, Andreas Tai und Norbert Hillinger vor Ort waren. Gerold, der sich als Frontkämpfer für die gute Sache hervorgetan hat, hatte außerdem zwei Kollegen der Seite „Inside Kino“ dazugeladen, die die Runde zumindest einigermaßen amüsiert betrachteten.
Ich musste nach weniger als zwei Stunden bereits schon wieder gehen, weil der nächste Film rief, aber gelohnt hat sich das Treffen allemal. Über Blog-Politik wurde nur wenig geredet und ich glaube auch nicht, dass dieses Treffen plötzlich eine Blogosphäre herbeizaubern wird. Aber ich fand es trotzdem toll, all diese Internetschreiber an einem Tisch zu versammeln, kennenzulernen und ihnen zuzuhören (zum Beispiel als Frédéric und Joachim auf meine Frage hin versuchten zu verhandeln, ob sie Konkurrenten sind oder nicht). Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich der einzige bin, dem es so ging.
Die Tatsache, dass ähnliche Treffen und Bekanntschaften, Gespräche am Rande von Pressevorführungen und Festivals, schon vorher stattgefunden haben, ändert meiner Meinung nach nichts daran, dass es nichts schadet, diese Treffen ein kleines bisschen zu institutionalisieren und für alljene zu öffnen, die sich angesprochen fühlen möchten. Das fördert den Kontakt und öffnet die Filterbubble-Scheuklappen, die wir ja doch alle tragen, ob wir es zugeben oder nicht, zumindest ein bisschen. Und damit ist meiner Ansicht nach schon viel gewonnen. In diesem Sinne: Bis zum nächsten Mal!
In meinem Festival-Kalender steht als nächstes das Trickfilmfestival Stuttgart. Ich hoffe, die Bloggertreffen-Tradition dort fortzusetzen.
EDIT, 19. Februar: Andreas Tai zur Liste der Anwesenden hinzugefügt.
Meet the Bloggers
31. Januar 2013
Die zweite Stufe des Projekts „Deutsche Film-Blogosphäre“ steigt während der Berlinale. Für den 9. Februar 2013 habe ich um 18.00 Uhr einen Tisch im legendären Mommseneck reserviert, an dem sich Blogger und Blogger-Sympathisanten treffen dürfen, um aus ihrem virtuellen Gefängnis auszubrechen und gemeinsame Projekte für die Zukunft zu planen. Am besten direkt hier zusagen. Wir sehen uns!
Was denkt Stefan Höltgen eigentlich über Shutter Island?
19. Februar 2010
Während meines Berlinale-Wochenendes entstand auch ein wenig Videomaterial. Unter anderem habe ich ein kurzes Gespräch mit meinem Kollegen Stefan Höltgen über Martin Scorseses neuen Film Shutter Island geführt, den ich leider verpasst habe, der aber nächste Woche in den deutschen Kinos startet.
Das Ergebnis ist das erste experimentelle Real Virtuality Vlog. Als Bonus gibt es einige Ansichten von Berlin und Berlinale.
[Direktlink]Eine Ausführlichere Meinung von Stefan im Gespräch mit Jörg Buttgereit gibt es im Podcast im epd Film-Blog.